Jubiläums-Zehntenabgabe der Zunft zur Letzi

Die Zunft Höngg zu Gast bei der Jubiläums-Zehntenabgabe der Zunft zur Letzi

Aus Anlass des 75-Jahr-Jubiläums der Zunft zur Letzi und des ganzen Quartiers Altstetten-Albisrieden wurde am Samstag, 29. August, deren traditionelle Zehntenabgabe für einmal nicht im Garten des Pflegezentrums Bachwiesen durchgeführt, sondern als attraktives Spektakel auf die grosse Festzelt-Bühne des Chreis-9-Jubiläumsfestes in der benachbarten Freizeitanlage Bachwiesen verlegt. Und die ebenfalls jubilierende Zunft Höngg, deren Dorf nicht der Stadt, sondern vorwiegend dem Kloster Wettingen und dem Grossmünsterstift zinspflichtig war, nutzte die Gelegenheit, ihrer historischen Steuerpflicht für einmal in diesem Rahmen nachzukommen.

Seit über 30 Jahren führt die Zunft zur Letzi, die Quartierzunft von Altstetten und Albisrieden, im Spätsommer ihre traditionelle „Zehntenabgabe“ durch. Zehntenpflicht und –abgabe gehen zurück ins Mittelalter, wo jeweils im einem sog. Zehntenurbar geregelt wurde, welcher Hof wieviel an erwirtschafteten Naturalien und Geld jährlich der Obrigkeit als Steuer abzuliefern habe. Auch die Bauerndörfer Altstetten und Albisrieden waren über Jahrhunderte der Stadt Zürich und ihren Institutionen (vor der Reformation den Klöstern, nachher den Spitälern) zehntenpflichtig. Der Zehnten wurde in den Dörfern durch einen Untervogt aus den Reihen der Dorfbevölkerung unter den gestrengen Augen eines Obervogtes aus der Stadt eingezogen.

Auf diese historisch gut belegten Fakten geht die alljährliche Zehntenabgabe der Zunft zur Letzi zurück. Und kurz vor 15 Uhr war es wieder soweit: Die obrigkeitliche Delegation zog ins übervolle Festzelt und nahm auf der Bühne Platz.

Zehntenabgabe von ennet der Limmat

Nachdem zuerst Altstetter und Albisrieder Bauern und Gewerbetreibende unter grossem Gejammer dem aus dem Dorf stammenden Untervogt unter den gestrengen Augen des städtischen Obervogtes ihren Obolus entrichtet hatten, waren die Gäste aus Höngg an der Reihe, in das Wehklagen über die schlechte Ernte und dürftige Erträge einzustimmen.

„Bauer und Fuhrhalter“ Marc Hofer musste im vergangenen Jahr auf seine Pferde verzichten, da der Hof nicht einmal mehr für diese genügend Futter abwerfe, und ersuchte die Vögte, sich für einmal mit den für die Pferde vorgesehenen Ackerfrüchten – vergammelten Karotten und Äpfeln – zu begnügen.

Schlecht und im Frühjahr verhagelt sei die Ernte gewesen, so anschliessend Boris Vasella, weshalb seine gesamte Familie habe darben müssen und er nicht einmal mehr das Verdingkind aus Altstetten habe genügend ernähren können. Und so ersuchte er die Obrigkeit, nicht nur auf den Zehnten zu verzichten, sondern auch das Verdingmädchen wieder seiner Familie zurückgeben zu dürfen.

Zuletzt war die Reihe an Weinbauer Walter Zweifel. Zwar sei der diesjährige Hagelschlag im Frühjahr relativ glimpflich mit der Ernte umgegangen. Doch der Wein vom Vorjahr, den es ja dieses Jahr abzuliefern gelte, sei nur von minderer Qualität und Quantität, da zuerst Schädlinge die Reben nachhaltig befallen hätten und dann die kleine Menge, die den Weg schliesslich doch noch ins Fass gefunden habe, bei der Winifizierung erneut Schaden genommen habe. Er lud die Vögte ein, sich von der Untrinkbarkeit zu überzeugen, und schenkte ihnen einen Becher voll Wein ein, den diese unter tapferem Lächeln die Kehle hinunter quälten und anschliessend freiwillig auf den Zehnten verzichteten.

Im Anschluss überbrachte der Höngger Zunftmeister Hans Peter Stutz die besten Grüsse und Glückwünsche der ebenfalls jubilierenden Schwesterzunft Höngg und übergab als Geschenk mehrere Leiterwagen voll Höngger Jubiläumswein vom Besten. Serviert wurde dieser als passende Beigabe zur traditionellen „Chäästeilete“, bei der die als Zehnten eingezogenen Käse- und Brotlaibe an die gesamte Gästeschar im Zelt verteilt wurden.

Nachtessen im Pflegeheim Bachwiesen

Abends war die grosse kostümierte Höngger Delegation als Gast der Letzizunft zum Nachtessen im grossen Speisesaal des Pflegeheims Bachwiesen eingeladen und feierte gemeinsam ein erstes Mal die 75-jährige Zugehörigkeit zum zünftigen Zürich. Zum zweiten Mal zusammen gefeiert wird dann nochmals am Höngger Wümmetfest, wenn die Zunft zur Letzi als Gast der Höngger Zunft zum Jubiläumsumzug vom Sonntag, 18. Oktober 2009, eingeladen ist.

Text: Ueli Friedländer / Fotos & copyright: Kevin Eggimann, ClearMedia GmbH, Samstag, 29. August 2009