Weinprobe 2012

Weine aus dem Bordeaux an der Weinprobe der Zunft Höngg. Wer am letzten Freitagabend kurz nach 18.30 Uhr an der Weinlaube Zweifel an der Regensdorferstrasse vorbeispazierte, dem präsentierte sich ein für Zunftvertraute völlig ungewohntes Bild. . .

Ein Primeur auf Zürichs Zünften: Zunftmeister Daniel Fontolliet begrüsst seine
weiblichen Gäste am Höngger Traditionsanlass

Die traditionelle Höngger Weinprobe – bislang eine reine Männerbastion – hatte sich der Damenwelt geöffnet, und so wurde für einmal unter den Weinlauben-Arkaden der Höngger Zunft-Wahlspruch nicht nur von rauen Männerkehlen intoniert, sondern mit klaren Frauen sopran- und -altstimmen ergänzt und unterstützt.

Am diesjährigen Frühjahrsbott hatte die Zunft Höngg nämlich als Erste unter den Zürcher Zünften beschlossen, künftig jedes Jahr im Turnus einen Traditionsanlass für ihre Damen zu öffnen, beginnend mit der diesjährigen Weinprobe. Und so konnte Stubenmeister Walter Zweifel bei prachtvollem Wetter im Freien eine grosse, gutgelaunte Weinproben-Gesellschaft beiderlei Geschlechts zum Apéro mit Champagner willkommen heissen und sie in die Gepflogenheiten und die zehn Gebote einer zünftig-hönggerischen Weinprobe einführen.

Weine aus dem Bordeaux

Gemäss Höngger Weinproben-Usanz folgt jeweils auf ein Jahr, an dem einheimisch-schweizerisches Weinbau-Schaffen vorgestellt worden ist, die Präsentation einer ausländischen Weinregion. Dieses Jahr waren dies die Weine des Bordelais, des grössten zusammenhängenden Weinanbaugebiets der Welt im Mündungsgebiet der Flüsse Garonne und Dordogne mit seinen weltberühmten Lagen von Médoc, St. Emilion und Pomerol.

Nach seiner einleitenden Übersicht zur Geografie, zu den klimatischen Besonderheiten bis hin zu den einzelnen Lagen und den dort bevorzugt an- und ausgebauten Rebsorten übergab Stubenmeister Walter Zweifel das Wort an den Gastreferenten Thomas Herter. Dieser bewirtschaftet zusammen mit seiner Frau seit dem Jahr 2000 das 1990 vom Schwiegervater Jacques Marmet erworbene Weingut Château Segonzac. An der Höngger Weinprobe präsentierte er das Weingut und seine exquisiten und innovativen Tropfen.

Wie stets an Weinproben der Zunft Höngg wurde die Vorstellung der verschiedenen Weine in ein Menü mit Spezialitäten der vorgestellten Region eingebettet, geliefert von der Candrian Catering AG, wobei zu jedem Gang je zwei bis drei passende Weine degustiert wurden.

Zunftwein für das Jahr 2012

Erneut stammt der Wein, welchen die Zunft an ihren kommenden Hauptanlässen bis zum Sechseläuten 2013 geniessen wird, aus dem zunfteigenen, von der Rebbaugruppe der Zunft im Rebberg Klingen kultivierten Rebbestand von gut 250 Weinstöcken.

Stubenmeister Walter Zweifel und Rebbaugruppen-Obmann Urs Bodmer konnten daher Zunftmeister Daniel Fontolliet den zunfteigenen Klingener Clevner des Jahrgangs 2010 als neuen Zunftwein präsentieren, einen kräftigen und gehaltvollen Tropfen mit leicht spürbarem Barriqueanteil und an Burgunder erinnerndem Körper.

Zunftmeister Daniel Fontolliet, fl ankiert von seinen Ehrengästen Franz von Meyenburg (Zunft zur Meisen, links, halb verdeckt) und Niels Walt (Zunft Riesbach, rechts), begutachtet den Zunftwein 2012 aus zunfteigener Produktion.

Zunftmeisterliche Rededuelle

Die Messlatte für Reden und Gegenreden auf der Zunft Höngg hängt seit jeher sehr hoch, und auch diesmal erfüllten der Höngger Zunftmeister und seine Ehrengäste diese höchsten Anforderungen mit Bravour.

Meisen-Zunftmeister Franz von Meyenburg, begleitet von Frank K. Russek, entgegnete den witzigen Vorstellungsworten des Höngger Zunftmeisters mit einem rhetorischen Feuerwerk, und auch Niels Walt, frischgebackener Riesbach-Zunftmeister, begleitet von Zeugwart Christoph Schmid, entlockte seinem Gastgeber und der gesamten Weinproben-Gesellschaft mit seinen rotzfrechen Sprüchen eine Lachsalve um die andere.

Bordeaux-Referent Thomas Herter brachte es gegen Ende der Höngger Weinprobe auf den Punkt: «Ich war auf eine ernste und eher steife Angelegenheit vorbereitet. So viel Interesse, Freude, Humor und so einen durchwegs lustigen und rhetorisch hochstehenden Abend hätte ich nie erwartet. Er wird mir in seiner Einzigartigkeit unvergesslich bleiben.»

Text: Ueli Friedländer
Fotos: Micha Zweifel