Die traditionelle Weinprobe der Zunft Höngg war dieses Jahr dem Weinbau des südlichsten Zipfels Italiens – Apulien, Kampanien und Sizilien – gewidmet, gekonnt präsentiert von Zunftvorsteher Walter Zweifel, Geschäftsführer der gastgebenden Weinkellerei Zweifel, und eingebettet in zu den Weinen passende kulinarische Köstlichkeiten der Gegend.
Was anderen Zünften das Nach-Sechseläuten, ist für die Zunft Höngg die Weinprobe: Einer der drei wichtigsten Anlässe im Zunftjahr. Nur: Während die anderen Zünfte in Erinnerungen an das unlängst vergangene Frühlingsfest schwelgen, ist die Höngger Weinprobe auch noch der individuellen Horizonterweiterung – insbesondere in önologischer Hinsicht – gewidmet. Und so erstaunt es nicht, dass sich trotz beinahe übermächtiger Konkurrenz der zeitgleich stattfindenden äusserst attraktiven Euro’08-Begegnungen Italien-Rumänien und Holland-Frankreich am Freitag, 13. Juni 2008, eine stattliche Zünfterschar im Fasskeller der Weinkellerei Zweifel & Co. AG versammelte, um sich eine weitere Weinregion näher bringen zu lassen.
Als Ehrengäste waren diesmal die Stadtzunft, vertreten durch Zunftmeister Dr. iur. Balz Rust und Stubenmeister Peter Hegi, und die Zunft Schwamendingen mit Zunftmeister Caro Hächler und Zunftschreiber Pascal Pauli eingeladen. Der Höngger Zunftmeister Hans Peter Stutz durfte ausserdem – ganz in der Tradition der Vorjahre – die diesjährigen Sechseläuten-Sprecher der Zünfte Fluntern, Schwamendingen und Waag begrüssen, welche ihn dieses Jahr auf ausnahmslos hohem rednerischem Niveau herausgefordert hatten.
Weine aus Süditalien
Kampanien an der Flanke des Vesuv, das am Absatz des Stiefels gelegene Apulien und die Ätna-Insel Sizilien können auf eine Weinbautradition zurück bis in grossgriechische Zeit blicken. Die dort angebauten Weine aus traditionellen süditalienischen Traubensorten wie Nero d’Avola, Primitivo und Negroamaro, ursprünglich nur am lokalen Markt bekannt, haben in den letzten Jahren buchstäblich Herzen und Gaumen der Schweizer Weingeniesser erobert und Eingang in deren Weinkeller gefunden.
Und so war es nur eine Frage der Zeit, bis auch diese Weine im Zentrum einer Höngger Weinprobe stehen würden.
Und wie an allen Höngger Weinproben Tradition und Brauch, wurden die verschiedenen Weine in ein von der Candrian Catering AG (Bahnhofbuffets Zürich) zusammengestelltes Menu mit Köstlichkeiten der Region eingebettet, wobei zu jedem Gang je zwei bis drei passende Weine degustiert wurden, gewohnt routiniert und informationsreich präsentiert von Zweifel-Geschäftsführer und Zunftvorsteher Walter Zweifel, dipl. Ing. agr. ETH.
Höngger Zunftwein 2008
Kräftig, intensiv, reif, üppig und würzig präsentiert sich der Clevner (100% Pinot Noir) 2008 vom Höngger Chillesteig. Während des Hauptgangs von Stubenmeister Daniel Fontolliet dem Zunftmeister Hans-Peter Stutz und der Zunft Höngg präsentiert, braucht er den Vergleich mit gleichzeitig degustierten Assemblagen 2006 aus Sizilien und Apulien durchaus nicht zu scheuen und wird die Zunft bis zur nächsten Weinprobe im Frühjahr 2009 als hervorragender Zunftwein 2008 begleiten.
Zunftmeisterliche Rededuelle
Was wäre ein Zunftanlass ohne meisterliche Rededuelle? Und so stellte der Gastgeber und Höngger Zunftmeister Hans-Peter Stutz im Anschluss an das Nachtessen der Weinprobe-Gesellschaft seine Ehrengäste und deren Begleiter witzig und pfiffig näher vor.
Als erstes wandte er sich der Stadtzunft zu, welche er als älteste der Zünfte neuer Ordnung würdigte. Bei deren Zunftmeister Balz Rust ortete er allerdings nur wenige Konttaktflächen zur Stadt, habe dieser doch seine familiären Wurzeln in Zug, residiere auswärts am Albis und nenne ein Ferienhaus im Kanton Schwyz sein eigen; einzig die Anwaltspraxis sei in der Stadt Zürich domiziliert. Stutz attestierte Rust aber auch eine ausgesprochene Affinität zum Wohlklingenden und Schönen aus Musik und Kunst mit Vorliebe zum leicht Bombastischen (Gustav Mahler).
Die Geschicke der Zunft Schwamendingen sind mit demjenigen des Zunftmeisters Carlo Hächler auf’s Engste verwoben: Im Alter von 22 Jahren Gründungsmitglied, mit 39 Stubenmeister und nach weiteren 12 Jahren Zunftmeister, hat er die Zunft mitgeprägt wie kaum ein anderer.
Und so kann die Zunft heute unter anderem mit berechtigtem Stolz auf eine breit ausgelegte Bibliothek von mindestens 9 verschiedenen Betriebsreglementen von der Geschäftsordnung über ein Kleider-Reglement und ein Ehrendamen-Statut bis zum Bannerherren-, Herolds- und Jungzünfter-Reglement blicken. Wahrlich ein respektabler Leistungsausweis für eine so junge Zunft.
Mit prägnanten und humorvollen Repliken stellten die Ehrengäste ihre rhetorischen Fähigkeiten eindrücklich unter Beweis und trugen damit auch das ihre zu einem gelungenen zünftigen Traditionsabend bei.
(Text: Ueli Friedländer; Fotos: Markus Spalinger) Freitag, 13. Juni 2008