Rechenmahl 2019

Die „Festbrüder“ zu Gast am Rechenmahl
Traditionsanlass der Zunft Höngg in letzter Minute gerettet

Flexibilität und Einsatzbereitschaft zeigten die Höngger Zünfter bei der Organisation des traditionellen Rechenmahls: Denn nur drei Arbeitstage standen vor dem 30. November zur Verfügung, um den Anlass vom konkursiten Restaurant Desperado ins reformierte Kirchgemeindehaus zu zügeln – mit kurzfristigen Anpassungen am Ablauf, dem Programm und der Verpflegung. Und der Einsatz hat sich gelohnt: Die Ausgabe 2019 fand mit 122 Teilnehmenden und über 50 Mitwirkenden im gewohnt würdigen und unterhaltsamen Rahmen satt.

Die Verankerung im Quartier mit den bestehenden freundschaftlichen Kontakten war entscheidend für die erfolgreiche Bewältigung der „Mini-Krise“. Denn nur so und mit dem Einsatz aller Beteiligter konnte derart kurzfristig umdisponiert werden. „Das Rechenmahl findet trotzdem statt“ hiess es denn schon bald.

Und die sinnbildliche Stabilität im Kleinen mag man im Grossen derzeit vermissen, so Zunftmeister Walter Zweifel am Samstag bei der Begrüssung der 122 Teilnehmenden im Fasskeller seines Unternehmens. Zu den globalen politischen und wirtschaftlichen Unsicherheiten unserer Zeit seien jüngst die klimatischen Herausforderungen ins Bewusstsein getreten. Umso wichtiger sei die Gemeinschaft in der Familie und im Freundeskreis für unbeschwerte Stunden im respektvollen Austausch über die Generationen hinweg.

Der Turnverein Höngg als Brückenbauer

Nach dem von einer Tambourengruppe angeführten Umzug vom Fasskeller ins reformierte Kirchgemeindehaus nahm der Zunftmeister das 200.

Geburtsjahr des Schriftstellers Gottfried Keller zum Anlass, um an die Vermächtnisse von dessen Freund und Jasspartner, Ludwig Forrer, zu erinnern. Der „Löwe von Winterthur“ genannte Zürcher Staatsmann war von 1902 bis 1917 als Bundesrat in Bern tätig und wirkte massgebend bei der Einführung der schweizerischen Unfallversicherung und der Weiterentwicklung der Eisenbahninfrastruktur mit. Die vorbildliche sozial-liberale und geradlinige Haltung von Forrer sei zu Unrecht leider fast vergessen, so Zweifel.

Mit der Einladung des Turnvereins Höngg als Gast ans Rechenmahl verknüpfte die Vorsteherschaft geschickt Geschichte und Gegenwart. Der Turnverein wurde in der Zeit Forrers 1869 gegründet und ist mit 150 Jahren heute der zweitälteste Verein in Höngg. Geladen waren, gewissermassen als modernes Triumvirat, die Präsidenten sowie die Präsidentin des Dachvereins, der Männerriege sowie der Damen- und Frauenriege, Robert F. Zwicky, Arnold Capaul sowie Carolin Hauer.

In einer vom Statthalter der Zunft, Thomas Schönbächler, moderierten Podiumsdiskussion stellten die drei die Geselligkeit ihrer Aktivitäten in den Vordergrund, verbunden mit der Offenheit für interessierte Hönggerinnen und Höngger, sich am Vereinsleben zu beteiligen oder im Vorstand Verantwortung zu übernehmen.

Robert F. Zwicky, (Thomas Schnönbächler) Carolin Hauer und Arnold Capaul)

Spieglein, Spieglein an der Wand …

Ganz im „Hier und Jetzt“ standen die Ehrengäste, welche die Organisatoren der beiden grössten Zürcher Volksfeste repräsentierten. Das Zentralkomitee der Zünfte Zürichs als Organisatorin des Sechseläutens war vertreten durch dessen Präsidenten, Markus Notter, sowie den für die Gastkantone zuständigen Jürg Nater.

Als Vertreter des Züri-Fäscht (Verein Zürcher Volksfeste) geladen waren dessen Präsident, Albert Leiser, und Geschäftsleiter Roland Stahel. Zwei Männer-Duos also, die sich bei der Frage, wer denn nun das schönere Fest organisiere, nicht einig sein konnten. Unter Vermittlung des Zunftmeisters gab man sich schliesslich diplomatisch, indem man(n) sich salomonisch auf das Sechseläuten als das schönste jährliche Zürcher Fest einigte, das alle drei Jahre halt vom Züri-Fäscht Konkurrenz bekomme.

Traditionell nutzt die Zunft Höngg das Rechenmahl für das Gedenken an verstorbene Zünfter, Ehrungen sowie Neuaufnahmen. Dieses Jahr nahm die Gesellschaft von den langjährigen Zünftern Jakob Hurter und Hans Marolf Abschied. Speziell geehrt wurden für 50 Jahre Zugehörigkeit die beiden „Pioniere“ der 1960 gegründeten Reitergruppe, Ernst Geering und Peter Mugglin.

Neu aufgenommen wurden als Zunftgeselle Joel Zweifel sowie als Zünfter Daniel Rohrer-Zweifel und Michael Stäheli, der Verfasser dieses Berichts.

Für den musikalischen Rahmen sorgte auch dieses Jahr die Zunftmusik Musikverein Höngg. Gerade auch der freudvolle Auftritt der meist jungen Musikerinnen und Musiker zeigte nochmals die einzigartige Verbundenheit der Zunft Höngg mit ihrem Quartier.

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Michael Stäheli (Text)